Die Sprache der Schönheit

Jo Stenuit, europäischer Mazda Design-Chef, im Interview auf der Homo Faber 2024 in Venedig.


Man könnte denken, Jo Stenuit hätte im Zusammenhang mit dem Thema Design schon alles erlebt.

Schließlich ist der europäische Mazda Design-Chef und Absolvent des Londoner Royal College of Art seit über zwei Jahrzehnten für die Entwicklung einer globalen Designsprache bei Mazda verantwortlich, sowohl in Europa als auch in Japan - die heute als „KODO - Soul of Motion“-Designphilosophie bekannt ist. Und doch war das venezianische Fest der zeitgenössischen Handwerkskunst, die Homo Faber 2024, selbst für ihn etwas Besonderes. Wir haben ihn in der Lagunenstadt zum Interview getroffen.

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Design Director R&D Centre, Mazda Motor Europe

Die Homo Faber, das Vorzeigeprojekt der Michelangelo Foundation, fand in diesem Jahr bereits zum dritten Mal statt. Sie ist eine weltweite Feier des Kunsthandwerks und der Kreativität. Die diesjährige Ausstellung, die in der Fondazione Giorgio Cini auf der venezianischen Insel San Giorgio Maggiore stattfand, stand unter dem Motto „The Journey of Life“ (Die Reise des Lebens). Dabei nahmen der italienische Filmregisseur Luca Guadagnini und der italienische Architekt Nicolò Rosmarini die Besucher mit durch verschiedene Abschnitte des menschlichen Lebens und präsentierten Hunderte von handgefertigten Objekten, die von talentierten Kunsthandwerkern aus der ganzen Welt gefertigt worden waren.

Eine ideale Gelegenheit für Mazda, die japanische Handwerkskunst und Designphilosophie der Marke in Workshops zu präsentieren. Hier wurden zum Beispiel Weltkugeln hergestellt und Bücher gebunden. An einer Reihe ausgewählter Objekte wurde zudem jene Handwerkskunst präsentiert, die sich in jedem Mazda Fahrzeug wiederfindet (zu sehen in der Online-Serie #MazdaDiscovers). Was allerdings in der Ausstellung nicht zu sehen war: ein echter Mazda.

„Selbst unser Logo war nur sehr dezent vertreten“, sagt Jo Stenuit. „Denn wir wollten uns auf unsere Handwerkskunst und nicht auf die Fahrzeuge selbst konzentrieren. Autos sind in der Regel in Massenproduktion gefertigt, auf der Homo Faber gibt es aber ausschließlich Einzelstücke zu sehen. Daher war auch für uns die Skulptur die beste Möglichkeit, unsere Marke zu repräsentieren.“

So wurde die Mazda Philosophie „Crafted in Japan“ authentisch vermittelt und eine Verbindung zwischen Kunst, Handwerk und Produktionsmethoden aufgezeigt.

„Dies ist keine Veranstaltung wie jede andere“, betont Stenuit. „Hier war Omotenashi, die japanische Kultur der Gastfreundschaft, zu spüren – man fühlte sich absolut willkommen. Es ist wohl das weltweit einzige Event, das die Handwerkskunst derart umfangreich feiert. Absolut umwerfend. Jeder Raum hier war einfach nur … ein Wahnsinn. Auch die positive Stimmung war fantastisch. Es wurden sehr viele Fragen gestellt, wie beispielsweise ‚Wie wurde dies hergestellt?‘ oder ‚Aus welchem Material besteht das?‘. Dies ist genau das, was wir erreichen wollen. Denn auch wer einen Mazda sieht, soll denken: ‚Wow‘.“


Mazda Stories: „Mazda war die einzige Automobilmarke auf der Homo Faber. Hat das Publikum die Verbindung zwischen Automobil und Kunst auf Anhieb verstanden?“

Jo Stenuit: „In den letzten fünfzehn Jahren haben wir mit der Designsprache KODO stets eine Geschichte über Handwerkskunst erzählt. Trotzdem wissen die Leute immer noch nicht so richtig, wie unser Designprozess für Fahrzeuge aussieht.“

"Sie sind zum Beispiel überrascht, dass wir auch im digitalen Zeitalter immer noch mit Tonmodellen arbeiten und uns auf physische Werkzeuge und die Leidenschaft unserer Modellbauer verlassen.“

MS: „Und dennoch ist Mazda ständig auf der Suche nach Innovationen...“

JS: „Genau. Jeder weiß, dass wir wunderschöne Fahrzeuge bauen. Wir haben es geschafft, eine Designsprache zu entwickeln, die auf der ganzen Welt geschätzt wird. Es ist eine Sprache der Schönheit, die jeder versteht. Eine sehr menschliche Sache. Wir stellen attraktive Objekte her, die weltweit verstanden werden. Das klingt einfach, ist aber sehr schwer.“

MS: „Spüren Sie als Designer eine gewisse Verbindung zwischen Ihnen und den Kunsthandwerkern der Homo Faber?“

JS: „Auf jeden Fall. Man kommt sehr leicht miteinander ins Gespräch, auch wenn sich die Objekte deutlich unterscheiden. Die Art und Weise, wie wir arbeiten, ist jedoch ähnlich. Denn wir können das gelegentliche Leiden und den großen Zeitaufwand nachempfinden, wenn es um die Fertigung schöner Gegenstände geht. Genau wie die Kunsthandwerker hier glauben auch wir bei Mazda, dass wir unsere Handwerkskunst über ein ganzes Leben hinweg perfektionieren müssen – ein zentraler Grundsatz der japanischen Kultur, der unsere Arbeit zutiefst prägt.“

MS: „Die Mazda Workshops scheinen ein besonderes Highlight der Homo Faber 2024 gewesen zu sein.“

JS: „Ja, ich war richtig stolz. Alle waren mit besonderer Begeisterung dabei und haben nebenbei noch etwas über unsere Autos gelernt, was natürlich großartig ist. Darüber hinaus wird ein Erlebnis noch wertvoller, wenn man etwas davon mitnimmt. Ich bin mir sicher, dass die Teilnehmer der Workshops mit dem Gedanken ‚Was für eine erstaunliche Ausstellung und Erfahrung!‘ nach Hause gegangen sind.“

 

JO STENUITS HIGHLIGHT:
PAPIERBLUMEN IM „LOVE“ ABSCHNITT

JS: Ich habe mich für dieses Exponat entschieden, weil hier Papier – ein einfaches zweidimensionales Objekt – durch Formgebung, Biegungen und das Zusammenspiel von Licht und Schatten in eine wunderschöne dreidimensionale Blume verwandelt wird. Dies verleiht dem eigentlich so simplen Material einen Wert. Auch wir spielen – zum Beispiel beim Außendesign – mit Lichteinfall auf Oberflächenmaterial, um interessante Resultate zu kreieren und Aufmerksamkeit zu schaffen. Für das Interieur wählen wir viele Materialien aus, die sensibel und leicht zerbrechlich sind und für die Passagiere überraschend. Die Sorgfalt bei der Auswahl der Materialien ist tief in unserem "Crafted in Japan"-Ansatz verwurzelt. Ganz gleich, ob es um Stoff, Holz oder Metall geht, wir haben stets Respekt vor den Qualitäten und dem Potenzial des jeweiligen Materials.


 

 

MS: „Es ist eine großartige Möglichkeit, die Feinheiten der Handwerkskunst zu entdecken.“

JS: „Ja, vor allem beim Workshop zur Globusherstellung. Ich bewundere den Globusmacher Leonardo Frigo, denn er verfügt über viele Fähigkeiten. Er stellt das Papier selbst her, er fertigt die Kupferätzung und er baut die Holzstruktur für den Globus. Dazu betreibt er Forschung. Die Besucher konnten sich selbst die Hände schmutzig machen, um diesen Prozess zu verstehen, die verwendeten Werkzeuge und Materialien kennenzulernen und festzustellen, wie kompliziert es ist, Dinge zu tun, die auf den ersten Blick ganz einfach aussehen.“

MS: „Glauben Sie, dass die Homo Faber eine umfassendere kreative Verantwortung hat als nur die Vermittlung von Wissen an die Teilnehmer?“

JS: „Die Veranstalter dieses globalen Events denken bereits an die nächste Generation, was sehr wichtig ist. Natürlich lassen sich die Menschen von Objekten und Erfahrungen inspirieren. Aber wie können wir sicherstellen, dass sich junge Leute weiterhin für Kunsthandwerk begeistern und daran glauben, dass es in einer technischen und sehr ablenkungsreichen Welt seinen Wert hat? Dies auf einer globalen Ebene zu vermitteln, sehen wir auch als unsere Aufgabe.“



JO STENUITS HIGHLIGHT:
GLASSCHALE IM „CELEBRATION“ ABSCHNITT

JS:„Hier war ich sofort von der leuchtend gelben Farbe angezogen. Als ich die Schale zum ersten Mal sah, fiel gerade die Sonne durch ein Fenster direkt darauf. Das erweckte sie sozusagen zum Leben, genau wie beim Zusammenspiel zwischen dem Sonnenlicht und dem Mazda Farbton Soul Red Crystal. Das Material sah so einfach und rein aus, besaß aber gleichzeitig viele Facetten. Von weitem betrachtet, meint man alles zu erfassen, von Nahem jedoch erkennt man die Tiefe, erst recht in Kombination mit dem richtigen Licht. Genau die gleiche Kraft der Farben und der Reflexion schätzen wir auch bei Mazda.“

 

 

MS: „Was haben Sie persönlich auf der Homo Faber 2024 gelernt?“

JS: „Dass die Handwerkskunst immer noch begeistert, und die Art der Präsentation und wie sie erklärt wird, sehr wichtig ist. Dies ist der erwähnte Omotenashi-Ansatz, also wie lädt man Menschen ein und wie gibt man ihnen das Gefühl, willkommen zu sein? Als Repräsentant für Mazda habe ich eine Menge gelernt.“

"Und ich bin nun sogar noch überzeugter, dass wir bei uns auf dem richtigen Weg sind."

 

MS: „Woran sollen Menschen denken, wenn sie den Namen ‚Mazda‘ hören?“

JS: „Daran, dass wir schöne, attraktive Autos bauen, die man auch wirklich fahren will. Genau das ist der bereits erwähnte ‚Wow-Faktor‘. Es gibt Fahrzeuge, die von außen einen solchen Effekt erzielen, nach dem Öffnen der Türen oder bei der Fahrt jedoch enttäuschen. Wir hingegen wollen, dass sich die Menschen in jeder Phase wohl und mit ihrem Auto verbunden fühlen, dass es gewissermaßen ein Teil ihres Lebens wird. Deshalb halten wir an unseren „Crafted in Japan“-Werten fest – es geht darum, eine dauerhafte Verbindung zu schaffen.“

MS: „Zum Abschluss: Was kann die Design-Welt Ihrer Meinung nach von Mazda lernen?“

JS: „Oh, eine Menge! Etwa, dass man nicht bestimmten Richtungen folgen sollte, nur um jemanden zu gefallen. Sei selbstbewusst in dem, was du tust. Und sei sorgfältig, mache es mit Liebe und mit Leidenschaft. Glaube daran.“


Die Homo Faber 2024 unterstrich das Bekenntnis von Mazda zu handwerklichem Können und Design und verdeutlichte, wie eng diese Werte mit der „Crafted in Japan“-Philosophie verwoben sind. Dieser Ansatz, der in einer einzigartigen Mischung aus traditioneller japanischer Handwerkskunst und modernem Design verwurzelt ist, fließt in jede Phase der Fahrzeugentwicklung bei Mazda ein und sorgt dafür, dass jedes Auto nicht nur optisch überzeugt, sondern auch Emotionen weckt. Für Mazda geht es nicht nur darum, Autos zu bauen, sondern auch darum, Erlebnisse zu schaffen, die japanische Ästhetik und Werte verkörpern. Diese Philosophie prägt auch die künftigen Modelle von Mazda, bei denen jede Rundung, jedes Material und jedes Detail sorgfältig durchdacht wird, um eine tiefe und dauerhafte Verbindung zwischen Fahrzeug und Fahrer zu schaffen.

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