ZEHN JAHRE KODO DESIGN


Genau vor zehn Jahren schlug Ikuo Maeda, Chefdesigner bei Mazda, mit der Designphilosophie Kodo – Soul of Motion eine mutige neue Richtung ein. Auf der Los Angeles Auto Show 2010 präsentierte der japanische Hersteller mit dem Konzeptfahrzeug Shinari erstmalig die neue Designlinie, die maßgeblich den Imagewechsel der Marke aus Hiroshima geprägt hat und bis heute zahlreiche Auszeichnungen gewonnen hat. Durch diese Nachhaltigkeit gilt Mazda heute unter den japanischen Automobilmarken als die Marke mit dem attraktivsten Design.

Ikuo Maeda:

"Mit der Formensprache Kodo – Soul of Motion hat Mazda 2010 eine neue Designphilosophie eingeführt. Sie basiert auf unserer Überzeugung, dass ein Automobil mehr ist als ein reines Transportmittel oder ein Stück Blech. Deshalb geht es bei der Kodo Designphilosophie darum, der Form unserer Fahrzeuge Leben einzuhauchen. Die Energie, die in der Dynamik von Lebewesen und in deren Bewegungen steckt – diese Energie, diesen Rhythmus haben wir eingefangen, in die Form unserer Fahrzeuge injiziert und ihnen damit eine Vitalität verliehen, die sie wirklich zum Leben erweckt. Das ist unsere Philosophie – eine allumfassende Vision, die wir für die Zukunft weiterentwickeln wollen.

Diese Werte haben wir in die Zukunft getragen. Die aktuelle Generation von Mazda Fahrzeugen hat daher eine Optik, die eleganter ist als je zuvor und dabei dennoch jene für den Mazda Stil charakteristische Vitalität aufweist. Wir haben eine Designphilosophie abgesteckt, die den eigenständigen japanischen Begriff von Schönheit umfasst – ein über Jahrhunderte kultivierter Stil, der gleichermaßen erhaben wie feinsinnig ist. Mazda Design ist nicht Japonismus; es geht vielmehr um eine Neuinterpretation grundlegender Elemente der japanischen Ästhetik und eine neue Form von Eleganz."

Der Kern der Kodo Designsprache war schon immer die japanische Kultur der Handwerkskunst. Wörtlich übersetzt bedeutet das Wort Kodo „Herzschlag". Die wesentliche Idee hinter dem Kodo Design ist jedoch die kraftvolle und unwiderstehliche Schönheit natürlicher Bewegung in einem stillen Objekt.

„In Japan haben wir das Gefühl, dass Handwerker dem, was sie herstellen, Leben einhauchen. Wir glauben, dass eine Form, die aufrichtig und sorgfältig von Menschenhand hergestellt wird, eine Seele bekommt", erklärt Ikuo Maeda. So bekommt „Soul of Motion" eine doppelte Bedeutung, denn es drückt sowohl die Essenz der Bewegung als auch die „Seele" aus, die dem Auto von den Mazda Handwerkermeistern verliehen wurde.

KODO EVOLUTION

Die ersten Fahrzeuge, die nach der Kodo Designphilosophie entworfen wurden, waren stark von der Gestalt eines Geparden inspiriert, der kurz vor dem Sprung auf seine Beute steht. In zehn Jahren hat sich die Kodo Designsprache konstant weiterentwickelt. 

Geblieben ist ein kraftvolles und emotionales Design, jedoch steht die Designphilosophie heute für eine japanisch geprägte minimalistische Ästhetik, bei der alle unnötigen Elemente weggelassen werden, um das Wesen von Schönheit und Bewegung hervorzuheben. Diese zweite Phase mit dem Ansatz „weniger ist mehr" begann mit der Vorstellung der Konzeptfahrzeuge RX-Vision und Vision Coupe auf der Tokio Motor Show 2015 bzw. 2017.

SKULPTUR UND SKIZZE

Nicht die Designer setzen den Kreativprozess in Gang, sondern unsere Modellbauer, die ihre Gefühle in die dreidimensionale Form einer Skulptur gießen; das Ergebnis inspiriert dann unsere Designer zu den ersten Skizzen.

Bei Mazda experimentieren wir mit verschiedenen Ideen, um aus künstlerischen Formen Automobildesign zu machen. Diesen Prozess nennen wir „erforschende Vorbereitung“: eine Reise vom Konzept in die Realität, die stets mit einer ersten Skulptur beginnt. Sie bildet die Vorlage für alles, was später folgt. Mit dem Prozess der erforschenden Vorbereitung stellen wir sicher, dass unsere durchgängige Philosophie das gesamte Mazda Modellprogramm prägt.

Im Prozess der Designentwicklung geht es vor allem um den ersten Eindruck: das Gefühl, das bei den allerersten Ideen entsteht und das dann den gesamten Entwicklungsprozess über bewahrt wird, bis das Auto endlich zum Start bereit ist.

Nach der ersten Skulptur folgt die Papierskizze der Designer, dann das Tonmodell und schließlich die digitale Erstellung dreidimensionaler Modelle mit Software-Unterstützung. „In der japanischen Küche hat die Art und Weise, wie man das Dashi (Fischsud, Brühe) zubereitet, einen erheblichen Einfluss darauf, wie das Essen schmeckt“, sagt Mazda Design-Chef Ikuo Maeda. „Was wir hier tun, um die ultimative Form von Schönheit zu kreieren, ist so ähnlich wie ein perfektes Dashi zuzubereiten. Wir nutzen diese Form, um über die Rolle jedes einzelnen Modells im Mazda Programm zu entscheiden.“

"Mazda ist von der ultimativen Form von Schönheit besessen – eine Form, die nur von der Kraft und Präzision menschlicher Hände erschaffen werden kann."

DAS TONMODELL

Mit dem Erstellen eines Tonmodells wechselt das Konzept von der zweidimensionalen auf die dreidimensionale Ebene. Es ist der letzte Schritt vor dem Start der Serienproduktion.

Was bisher kaum mehr als eine Idee war, wird mit dem Erstellen eines Tonmodells zum Leben erweckt. Nachdem die ursprüngliche Skulptur in eine Designskizze umgewandelt wurde, ist es Zeit, von der 2D- auf die 3D-Ebene zu wechseln. Eine Reihe von Tonmodellierer werden gebeten, die Skizze zu interpretieren. Dabei entstehen verschiedene Modelle im Maßstab 1:4, die sich jeweils auf subtile Weise unterscheiden. Aus den besten Elementen wird schließlich ein finales Modell in Originalgröße erstellt: die Vorlage für die spätere Serienproduktion.

Die Aufgabe des Tonmodellbauers ist es, die Ideen der Designer in ein dreidimensionales Objekt zu übertragen. Im Zuge dieses Prozesses macht das Design einen großen Schritt in Richtung Umsetzung. „Auch wenn wir uns im goldenen Zeitalter der Digitaltechnik befinden, legt Mazda in der Designentwicklung weiterhin viel Wert auf Handarbeit“, sagt Modellierer Norio Terauchi. „Das Schöne an der Arbeit mit Ton ist, dass wir intuitiv eine Form kreieren können, die die Herzen der Menschen anspricht. Durch wiederholte leichte Anpassungen entsteht nach und nach eine perfekte Linie. Diese sinnliche Schönheit lässt sich mit digitaler Technologie nur schwer reproduzieren.“

„Als Tonmodellierer achte ich vor allem auf Lichtreflexionen. Wenn etwas mit der Oberfläche nicht stimmt, gibt es auch Probleme mit den Lichtspiegelungen. Deshalb nehme ich mit einer Aluminiumfolie wieder und wieder Feinabstimmungen am Oberflächen-Finish vor“, so Norio Terauchi weiter. „Manchmal lässt sich die Form nicht so umsetzen, wie sich die Designer das vorstellen. Ich mache dann aus meiner Perspektive als Tonmodellierer einen alternativen Vorschlag. Bei Mazda ist das überhaupt nicht ungewöhnlich. Ich kann diese Vorschläge machen, weil ich ständig darüber nachdenke, was das Design zum Ausdruck bringen soll.“ Wenn der Tonmodellierer den Formen eine Seele einhaucht, erhält die Idee eine eigenständige Identität.

FARBE UND MATERIAL

Der Lackierprozess wird geprägt von der engen Zusammenarbeit zwischen Lackierer und Farbdesigner. Bei jeder aufgetragenen Farbe stellt der Designer sicher, dass sie den Vorgaben der Designentwicklung entspricht. Die Aufgabe eines Lackierermeisters geht weit über das Lackieren hinaus. Seine Aufgabe ist es, selbst subtilste Farbveränderungen auf einem perfekten physischen Design zu identifizieren und mit höchst effizienten Bewegungen Farbe über Farbe aufzutragen, bis er eine perfekte gleichmäßige Oberfläche erreicht.

Nicht weniger streng ist der Umgang mit Materialien. Erfahrene Designer nutzen unterschiedliche Materialien, um die wunderschönen Formen zu betonen, die die Grundlage des Interieur-Designs bilden.

Einer sorgfältig designten Form mit Kunststoffen und Leder eine ausdrucksstarke Struktur zu verleihen, ist für die Designer das Ergebnis eines Prozesses, der die Leidenschaften vieler verschiedener Personen vereint. In jedem Prozess geht es um Funktionalität und Form, aber auch um Oberflächen und andere Eigenschaften. Dabei fällt die Entscheidung für ein bestimmtes Design zum Beispiel erst nach ausgiebigem Ausprobieren. 

EXPERIMENTALFELD KODO DESIGN

Die Designsprache „Kodo – Soul of Motion“ versteht sich auch als interdisziplinäres Experimentalfeld jenseits der Automobilbranche. In Zusammenarbeit mit immer wechselnden Partnern und Themen werden so charakterstarke Innovationen entwickelt. Dass bei Kodo ein hohes Maß an künstlerischer Freiheit im Mittelpunkt steht, bewies Mazda Chefdesigner Ikuo Maeda bereits 2013 mit dem Kodo Stuhl. In dem futuristischen Möbelstück sehen sich Energie und Bewegung auf ein an sich starres Objekt übersetzt.

Das Kodo Fahrrad und das Kodo Sofa wurden 2015 zur Design Week in Mailand  entworfen und bilden die Basis für das eindrucksvolle Produktspektrum des Automobilherstellers. Nach dem Prinzip „weniger ist mehr“ spiegelt das Kodo Fahrrad das puristische Leitmotiv von Kunst und Design aus Japan wider und erfindet gleichsam die Ästhetik des modernen Rennrads neu. Während das Kodo Sofa in der Grundidee gleiche Voraussetzungen an das Design erfüllt, liegt der Fokus seines Konzepts in einer objektimmanenten Schönheit, die sich durch den Dialog von Form und Funktion charakterisiert. Ebenso gezeigt wurden von Kodo inspirierte Arbeiten japanischer Meisterkünstler.