JO STENUIT IM HOME-INTERVIEW


Jo Stenuit, Design Director Mazda Motor Europe, arbeitet seit mehr als 20 Jahren bei Mazda. Hier spricht er über seine Inspirationsquellen, welche Einflüsse er in seine Arbeiten einbringt oder wie Automobildesign generell funktioniert. Zurzeit arbeitet Jo Stenuit wie so viele aufgrund des Corona-Virus‘ von zu Haus. Sein von Kreativität und Handwerk geprägtes Heim nahe Frankfurt spiegelt seine Idee von Ästhetik wider. Zwischen seinen stilvollen Möbeln finden Sie viele Designklassiker, den Höhepunkt bilden die Vasen aus den 50er und 60er Jahren.

Herr Stenuit, Sie sind seit mehr als 20 Jahren bei Mazda. Wie haben Sie die Entwicklung des Mazda Designs in dieser Zeit erlebt?

Das Mazda Design hat in den vergangenen Jahrzehnten einige unterschiedliche Design-Philosophien durchlaufen: Tokimeki, Nagare und jetzt Kodo. Obwohl sie sich in ihrer Ausführung sicherlich unterscheiden, war das zugrundeliegende Ziel immer das Gleiche: zum Ausdruck zu bringen, dass wir Fahrzeuge ausliefern, die Fahrspaß bieten.

Die größte Änderung in den letzten zehn Jahren ist, dass das Mazda Design immer mehr nach künstlerischen und hochwertigen Ausdrucksformen strebt. In der reinsten Form bedeutet das, dass wir zu den Grundlagen eines guten Automobildesigns zurückgekehrt sind. Die vielen Designauszeichnungen zeigen, dass unsere Kunden und Fans aus aller Welt diesen Ansatz verstehen und schätzen. Nur die Zusammenarbeit der Mazda Designstudios in Japan, Europa und den USA hat dies möglich gemacht.

Wie sehen Sie die jüngste Entwicklung des Kodo Designs?

Ein wesentlicher Faktor ist die Liebe zum Detail. In der zweiten Phase des Kodo Designs geht es um Reinheit und darum, mit möglichst wenigen Elementen ein emotionales Design zu entwerfen. Das funktioniert nur, wenn diese wenigen Elemente auf höchstem Niveau verarbeitet sind. Beim Außendesign verbringen wir viel Zeit damit, alle Elemente in ein Gleichgewicht zu bringen und sicherzustellen, dass die Reflexionen auf den Fahrzeugen aufregend und so perfekt wie möglich sind.

Innen stellen wir sicher, dass das Erlebnis für unsere Kunden immer einladend und positiv ist wenn sie zum ersten Mal ins Auto steigen, genauso wie in den Jahren danach. Dazu gestalten wir die gesamte Innenarchitektur präzise, beschränken die Anzahl der Designelemente und verfeinern unsere Materialien bis zur Perfektion.

Herausragendes Design geht aber über das Auto selbst hinaus. Gemeinsam mit den Kollegen der Abteilungen Brand Style, Marketing und PR haben wir ein Umfeld für unsere Autos und unsere Marke geschaffen, das den wachsenden Premium-Anspruch von Mazda widerspiegelt. Gemeinsam haben wir ein Umfeld für unsere Autos und unsere Marke geschaffen, das den wachsenden Premium-Anspruch von Mazda widerspiegelt. Wir haben dazu Schriften, Grafik, Fotografie und Veranstaltungs-Architektur akribisch abgestimmt. In unserer Liebe zum Detail zeigt sich die Leidenschaft der Designer und unser Vertrauen in die Produkte und die Marke.

“Wir sind zu den Grundlagen eines guten Automobildesigns zurückgekehrt.”
 

Wie würden Sie die Entwicklung von Mazda hin zum High-End-Design charakterisieren?

Es ist die logische Folge unseres Strebens nach einer einzigartigen Produkt- und Markenerfahrung. In einer Welt, die sich immer schneller dreht und in der sich Design-Trends ständig ändern, bietet Mazda eine zeitlose, durchdachte und qualitativ hochwertige Lösung. Schönheit funktioniert nur dann, wenn sie mit Leidenschaft, Detailliebe und einem hohen Maß an Demut und Zuversicht erschaffen wird.

Zum Interior-Design dieser Saison: Dunkelblau ist zurzeit sehr angesagt – gilt das auch für den Auto-Innenraum?

Um ganz ehrlich zu sein, haben wir es mit Dunkelblau versucht. Aber wir sind grundsätzlich vorsichtig damit, die Dinge, die eine Saison bestimmen, auch ins Auto zu übertragen. Wir müssen sehr viel langfristiger denken. Mit dem Material Kork aber, das auch im Interieur zurzeit sehr gefragt ist, hat es gepasst, da Mazdas Geschichte auf einer Korkfabrik basiert.

Grundsätzlich gibt es jedenfalls einen großen Trend Richtung Qualität. Wir schauen stark nach den Materialien, besonders Nachhaltigkeit steht hier im Fokus. Der Mazda MX-30 (kombinierter Stromverbrauch nach NEFZ: 17,3 kWh/100 km; CO₂-Emissionen: 0 g/km) besteht zu Teilen aus zu 100% recycelten Materialien. Ein weiterer Trend ist die Technologie im Auto. Es gibt jetzt so viel Informationen im Auto. Wir müssen schauen, dass es nicht zu viel wird. Das war in der 80er Jahren auch schon so, aber es hat nicht lange gedauert und der Innenraum wurde weniger zur blinkenden Diskokugel.

Was also muss ein Auto-Innenraum bieten?

Man fühlt sich sofort wohl uns ist nicht überfordert. Schöne Materialien und Farben, die sich zurück-nehmen, sind entscheidend. Interieur muss schlicht gestaltet sein und eine hohe Qualität aufweisen. Das ist alles. Alte Autos machen das vor, weil sie so ehrlich sind, so einfach. Ich habe einen Datsun von 1971. Der ist so reduziert, da ist an Technologie nur ein Radio drin, sonst nichts. Das beruhigt die Seele. Ich denke, da sollten wir wieder hin. Und mit Mazda tun wir das ganz eindeutig. Unsere Innenräume sind sehr klar.

Wie wohnlich sollte ein Innenraum im Auto sein?

Oh, ich denke, sehr! Wie auch im Mazda MX-30 kann es ruhig sehr wohnlich sein. Es beruhigt, wenn man in solcher Atmosphäre sitzt. Elektroautos werden das verstärken. Da sie generell langsamer fahren, wird das Interieur wichtiger und sollte eine schöne, relaxte Umgebung bieten. An den Concept Cars für autonomes Fahren sieht man das immer mehr. Da sieht es innen schon aus wie in einem Wohnzimmer.

"Die E-Mobilität verändert den Aufbau eines Autos, da der Kühler zurzeit vorn ist, das wird sich aber sichtlich ändern."
 

Wenn es um die Entwicklung eines neuen Fahrzeugdesigns geht, wie kommt man als Designer auf neue Ideen, speziell bei E-Autos?

Es startet wie so oft mit einem weißen Stück Papier: darauf kommen schnell die erste Ideen, basierend auf den täglichen Wahrnehmungen der Designer und natürlich fließen auch die Markt- und Technologieinformation, die wir von anderen Abteilungen bekommen, mit ein. Als die ersten E-Autos auf den Markt kamen, sahen sie sehr futuristisch aus, weil man zeigen wollte „Hier ist was neu!“. Heute muss es nicht mehr schocken, sondern wird normal und normaler.

Die E-Mobilität verändert den Aufbau eines Autos, da der Kühler zurzeit vorn ist, das wird sich aber sichtlich ändern. Ein Kühler gab dem Auto ein Gesicht, davon kann man nun weg. Jetzt gibt es Motoren, die ins Rad integriert werden, demnach hat man dann vorn leeren Raum, den man frei und neu gestalten kann, z.B. mit Glas. So sieht jeder von außen, dass es ein E-Auto ist. Ansonsten ist der Beginn eines Autodesigns – egal ob Elektro oder Benziner oder Diesel – gleich, da es immer darum geht, sich zu fragen, was brauchen die Menschen in diesem Auto? Das ist unsere Aufgabe.

Was ändert sich noch?

Das Meiste passiert eher im Innenraum. Das Gefühl in einem E-Auto ist ein anderes, man fährt es anders. Der Mazda MX-30 ist eine komplett andere Welt als z.B. der Mazda3, bei dem der Fahrer weiterhin absolut im Fokus steht. Das spiegelt sich auch im Innenraum wider. Das Interieur des Mazda MX-30 ist sehr viel ruhiger, entspannter und ausgewogener. Und auch der Innenraum wirkt zurückhaltender, achtsamer und freier. Als Verlängerung des Wohnzimmers.

Wie schafft man das, ein ruhiges Innenleben?

Auch hier beginnt es mit einem leeren Raum. Dann schauen wir, was wirklich gebraucht wird und dass es nicht zu viel wird. Wir bleiben sehr reduziert. Andere Marken versuchen oft, so viel wie möglich unterzubringen, wir von Mazda fahren den anderen Kurs. Viel macht unruhig und überfordert die Menschen nur, zudem gibt es häufig ein Überangebot an Funktionen, die dann eh nicht genutzt werden.

Ein weiterer Punkt ist der, dass die Menschen recht langsam lernen, sie brauchen viel länger als die Entwicklung und passen sich Neuem nicht so schnell an. Daher braucht es oft gar nicht so viele neue Dingen in einem Auto. Für uns steht noch immer der Spaß am Fahren an erster Stelle, auch beim Elektroauto.